Funktionelles Genom-Screening
Die funktionelle Genomik befasst sich mit der Erforschung der Genfunktion und ihrer Beteiligung an biochemischen, zellulären und physiologischen Prozessen. Dank der Verfügbarkeit kompletter Genomsequenzen in Kombination mit einfach programmierbaren Tools zur Modifizierung des Genoms können diese Analysen auf genomweiter Ebene durchgeführt werden. Das Grundziel beim Genom-Screening ist, die Entstehung eines spezifischen Phänotyps durch zielgerichtete Modifizierung der Genfunktion aufzuklären. Wenn einzelne Gene in einer Zelle oder einem Organismus deletiert oder moduliert werden, können Veränderungen im Phänotyp oder Verhalten durch sorgfältig geplante Versuche direkt oder indirekt beobachtet werden. Durch funktionelles Genom-Screening kann diese Analyse systematisch und parallel durchgeführt werden, um komplexe Prozesse und Krankheitszustände aufzuklären und die Identifizierung neuer Wirkstoffziele zu erleichtern.
Die funktionelle Genomik kann Genetik und Phänotyp auf zwei grundlegende Weisen in Zusammenhang bringen. Vorwärts gerichtetes genetisches Screening beinhaltet die Modifikation zahlreicher Gene, Selektion der Zellen oder Organismen mit dem gesuchten Phänotyp und nachfolgende Identifizierung der Gene, deren Modulation die phänotypische Veränderung ausgelöst hat. Beim rückwärts gerichteten genetischen Screening wird der Phänotyp der Zellen oder Organismen nach der Unterbrechung eines spezifischen Gens oder einer Kombination von Genen analysiert.
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Fortschritte bei den Technologien für Geneditierung, Genstummschaltung, Genmodulation, Next Generation Sequencing (NGS) und phänotypisches Screening ermöglichen eine effiziente Durchführung von funktionellen Genom-Screens in zahlreichen Modellsystemen.
- RNA-Interferenz (RNAi): Zur Stummschaltung von Genen können verschiedene RNAi-Reagenzien eingesetzt werden, einschließlich lange dsRNA, synthetische siRNA und shRNA. Das Einbringen dieser Reagenzien in Zellen erfolgt durch direkte Transfektion des Modulierungsfaktors (siRNA und dsRNA), durch Transfektion von DNA, die eine promotorgesteuerte shRNA codiert, oder durch virale Transduktionsmethoden unter Anwendung lentiviraler Konstrukte mit geklonten shRNA-Kassetten. DsRNA und siRNA können bei Array-Screens für das Hochdurchsatz-Screening eingesetzt werden, während shRNA bei Array- oder Pool-Screens für die Hochdurchsatz-Analyse in Zellpopulationen eingebracht werden können, wobei Pool-Screens mittels Next Generation Sequencing (NGS) dekonvuliert werden.
- CRISPR-Cas-Systeme: CRISPR(Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeat)-Systeme können zur Manipulation der Genome, Transkriptome und Epigenome von Säugerzellen eingesetzt werden. Bei der CRISPR-Cas9-Geneditierung wird eine Cas9-Nuklease mithilfe einer Guide-RNA gegen einen spezifischen Lokus gerichtet. Je nach angewendeter Cas9-Variante können CRISPR zur genetischen Stummschaltung der Transkriptproduktion durch Einbringen von Leserastermutationen, Unterdrückung des Transkriptionsapparats, Rekrutierung von Transkriptionsfaktoren zur Aktivierung der Expression, Auslösung gezielter Punktmutationen oder Modifizierung epigenetischer Marker eingesetzt werden. Ähnlich wie RNAi können CRISPR direkt als ein RNP-Komplex bei Array-Screens oder als Plasmid-DNA oder Lentivirus sowohl beim Pool- als auch Array-Screening eingebracht werden. CRISPR-Pools, -Bibliotheken und -Arrays ermöglichen das außerordentlich vielseitige Hochdurchsatz-Screening von Genen für die Funktionsanalyse. Genom-Modulationsscreening ist auch mit einem nukleasefreien CRISPR-System möglich, das enzymatisch inaktive dCas9 in Kombination mit Transkriptionseffektoren verwendet, die entweder die Gentranskription aktivieren (CRISPRa) oder hemmen (CRISPRi) und zu einem Anstieg oder Abfall der Genexpression führen.
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