Oligonukleotidaufreinigung
Bei der Herstellung von DNA wird jedes Nukleotid durch Phosphoramiditchemie sequenziell an die wachsende Kette gekoppelt. In jedem Kopplungszyklus verlängert sich ein geringer Anteil der Oligonukleotidketten nicht, was zu einer Mischung aus Volllängensequenzen (n) und verkürzten Sequenzen (n-1, n-2 usw.) („Shortmers“) führt. Außerdem sind Verunreinigungen niedermolekularer Verbindungen das Nebenprodukt des Abspaltungs- und Entschützungsprozesses.
Nach der Abspaltung, Entschützung und Entsalzung (entfernt Verunreinigungen niedermolekularer Verbindungen) kann durch eine zusätzliche Aufreinigung die gewünschte Volllängensequenz von den unerwünschten Shortmers getrennt werden. Die für eine bestimmte Technik/Anwendung (Tabelle 1) erforderliche Reinheit ist von den durch Shortmers ausgelösten potenziellen Problemen abhängig.
Außerdem können Oligonukleotide, die gängige Modifikationen wie Biotin, Amino-C2-dT usw. enthalten, durch jedes der nachstehend beschriebenen Verfahren aufgereinigt werden. Für Oligonukleotide, die komplexere Farbstoffstrukturen wie ROX™, TxRd (Sulforhodamin 101-X) usw. enthalten, ist HPLC das Verfahren der Wahl, da nur durch sie der freie Farbstoff entfernt werden kann, der andernfalls die Leistung der beabsichtigten Technik/Anwendung beeinträchtigen würde.
Verfahren
Entsalzen
Jedes Oligonukleotid wird kostenlos entsalzt.
Durch Entsalzen werden Verunreinigungen niedermolekularer Verbindungen entfernt, wie z. B. Acrylnitril, die aus dem Entschützen des Phosphodiestergerüsts resultieren und verbleibende Nebenprodukte der Abspaltung und Entschützung sind. Für viele Techniken/Anwendungen, einschließlich PCR, ist das Entsalzen von Oligonukleotiden mit ≤ 35 Basen akzeptabel, da der gewaltige Überschuss von Volllängensequenzen jeden Shortmers-Anteil überwiegt (erfahren Sie mehr über die Berechnung der Ausbeute). Oligonukleotide mit > 35 Basen können eine zusätzliche Aufreinigung wie Umkehrphasen-Filterelemente (Kartusche) erfordern.
Bei der Aufreinigung nur durch Entsalzen wird kein Reinheitsgrad garantiert, da in diesem Prozess keine Shortmers entfernt werden.
Filterelement
Die Abtrennung auf einem Umkehrphasen-Filterelement bietet den nächsthöheren Reinheitsgrad (Abbildung 1). Die Basis dieser Abtrennung ist der Unterschied in der Hydrophobie zwischen der Volllängensequenz (die eine hydrophobe 5‘-DMT-Gruppe aufweist) und den Shortmers (die keine 5‘-DMT-Gruppen aufweisen). Die Volllängensequenz wird in der Säule zurückgehalten und die Shortmers werden abgewaschen. Nach der Spaltung der 5‘-DMT im Filterelement wird die erwartete Volllängensequenz eluiert und zurückgewonnen. Außerdem sind Oligonukleotide, die am 5‘-Ende mit bestimmten Farbstoffen wie Cyanin oder WellRED modifiziert sind, aufgrund der erhöhten Hydrophobie, die durch die Farbstoffeinheit verliehen wird, mit der Aufreinigung im Filterelement kompatibel.
Je länger die Oligonukleotide sind, desto größer wird der Anteil von Shortmers, die eine 5‘-DMT-Gruppe (das Produkt, das von unverkappten Sequenzen erzeugt wird) enthalten. Diese unerwünschten Sequenzen werden durch die Aufreinigung im Filterelement nicht entfernt, weswegen für längere Oligonukleotide eine Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC) oder Polyacrylamid-Gelelektrophorese (PAGE) empfohlen wird.
Bei der Aufreinigung im Filterelement wird kein Reinheitsgrad garantiert. Viele Jahre Erfahrung zeigen jedoch, dass eine Volllängensequenz von 65–80 % üblich sind (bestimmt durch analytische HPLC).
RP-HPLC
Die Umkehrphasen-Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (RP-HPLC) funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie ein Umkehrphasen-Filterelement (Abbildung 1). Die höhere Auflösung ermöglicht jedoch höhere Reinheitsgrade. RP-HPLC ist ein effizientes Aufreinigungsverfahren für Oligonukleotide mit Farbstoffen, da ihre intrinsische Hydrophobie eine ausgezeichnete Trennung der gewünschten Sequenz von denen ohne Farbstoff, Shortmers und Shortmers mit Deletionen ermöglicht. Ferner ist die RP-HPLC aufgrund der Kapazität und Auflösungseigenschaften der Säule das Verfahren der Wahl für eine Synthese im großen Maßstab. Die Auflösung auf Grundlage der Hydrophobie sinkt jedoch mit zunehmender Länge des Oligonukleotids. Daher wird RP-HPLC in der Regel nicht für die Aufreinigung von Oligonukleotiden mit > 50 Basen empfohlen. Obwohl längere Oligonukleotide (bis zu 80 Basen, in manchen Fällen länger) mit diesem Verfahren aufgereinigt werden können, können Reinheit und Ausbeuten beeinträchtigt werden.
Mit der Standard-RP-HPLC wird in der Regel eine Reinheit von > 85 % Volllängensequenz erzielt (bestimmt durch analytische HPLC). Höhere Reinheitsgrade sind abhängig von der Art der Sequenz erzielbar. Informationen zu der genauen Beschaffenheit der RP-HPLC in Bezug auf die Reinheit sowie damit verbundene Gebühren erhalten Sie von Ihrem Vertriebs- oder Kundendienstmitarbeiter vor Ort.
Abbildung 1.Trennung durch Umkehrphase: Filterelement und HPLC. Sowohl die gängige Aufreinigung mit Filterelement als auch die RP-HPLC-Aufreinigung finden am 5‘-DMT der Sequenz statt.
1) Beim Eintreten in die Säule wird das hydrophobe 5‘-DMT der gewünschten Sequenz auf das Harz der stationären Phase adsorbiert.
2) Die Shortmers ohne 5‘-DMT, die aus diesem Grund nicht mit dem Harz in Wechselwirkung treten können, werden daher von der mobilen Phase abgewaschen.
3) Das 5‘-DMT wird gespalten und die gewünschte Sequenz eluiert.
IE-HPLC
Die Ionenaustausch-Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (IE-HPLC, insbesondere Anionen) basiert auf der Anzahl geladener Gruppen (Phosphat) im Oligonukleotidgerüst. Das Anionenaustauschverfahren beinhaltet die Verwendung einer mobilen Salzgradienten-Phase auf einer stationären Phase mit quartärem Ammonium (Abbildung 2). Die Auflösung eignet sich ausgezeichnet für die Aufreinigung kleinerer Mengen. IE-HPLC wird jedoch durch die Länge begrenzt, in der Regel bis zu 40 Basen. Längere Oligonukleotide führen zu einer geringeren Auflösung zwischen der Volllängensequenz und den Shortmers und somit zu einer geringeren und weniger konstanten Reinheit.
Der Hauptgrund für den Einsatz der IE-HPLC statt RP-HPLC ist die Aufreinigung von Oligonukleotiden mit signifikanter Sekundärstruktur, die in der Regel in Sequenzen mit hohem GC-Gehalt vorkommen. Die IE-HPLC ist für diese Oligonukleotide wirksam, da die mobile Phase einen stark alkalischen pH-Wert aufweist, durch den Wasserstoffbrückenbindungen und somit die Sekundärstruktur zerstört werden. Auf diese Technik kann eine RP-HPLC folgen, um eine zweite Dimension zum Trennprozess hinzuzufügen.
Bitte fragen Sie einen garantierten Anteil Volllängensequenz an.
Abbildung 2.Trennung durch IE-HPLC. Die IE-HPLC-Aufreinigung findet ohne das 5‘-DMT an der Sequenz statt.
1) Beim Eintreten in die Säule bilden die polyanionischen Phosphate der rohen Mischungsform Ladung-Ladung-Wechselwirkungen mit dem polykationischen Harz der stationären Phase.
2) Mit steigender Ionenstärke der mobilen Phase lassen sich die Shortmers abwaschen.
3) Die längere, gewünschte Sequenz eluiert zuletzt bei einer noch höheren Ionenstärke.
PAGE
In der Polyacrylamid-Gelektrophorese (PAGE) wird eine denaturierende Umgebung genutzt, um die Oligonukleotide auf Grundlage des Molekulargewichts anstelle der Ladung zu trennen (Abbildung 3). Unter geeigneten Bedingungen können Oligonukleotide, die sich nur durch eine einzelne Base unterscheiden, getrennt werden. Die ausgezeichnete Größenauflösung führt in der Regel zum höchstmöglichen Reinheitsgrad aller verfügbaren Aufreinigungsverfahren. Die Mindestausbeuten von PAGE sind aufgrund des komplexen Verfahrens, das für die Extraktion von Oligonukleotiden erforderlich ist, geringer als von anderen Verfahren. Diese Technik wird empfohlen, wenn eine hohe Reinheit erforderlich ist, sowie für Sequenzen mit ≥ 50 Basen.
PAGE erzielt in der Regel eine Reinheit mit einer Volllängensequenz von > 95 %. Informationen zu der genauen Beschaffenheit der PAGE in Bezug auf die Reinheit sowie damit verbundene Gebühren erhalten Sie von Ihrem Vertriebs- oder Kundendienstmitarbeiter vor Ort.
Abbildung 3.Trennung durch PAGE. Es wird ein elektrisches Feld an das Gel angelegt, wodurch das polyanionische Oligonukleotid zur positiv geladenen Anode wandert. Da die Ladung gleichmäßig in der rohen Mischung verteilt ist, werden die verschiedenen Sequenzen auf Grundlage des Molekulargewichts, d. h. der Länge, getrennt. Die Shortmers wandern schneller, während die längere, gewünschte Sequenz langsamer wandert.
Gelfiltration
Für kleinere Oligonukleotide wird für In-vivo-Experimente eine Gelfiltration empfohlen (Abbildung 4). Abhängig vom Herstellungsort können Phosphorothioat-Oligonukleotide (S-Oligos), die häufig in In-vivo-Antisense-Studien eingesetzt werden, eine Gelfiltration durchlaufen (bitte wenden Sie sich an Ihren Vertriebs- oder Kundendienstmitarbeiter vor Ort, um herauszufinden, ob diese Behandlung in Ihrem Land/Ihrer Region verfügbar ist). In der Aufreinigung werden Nebenproduktmengen im Spurenbereich aus Synthese, Abspaltung und Entschützung (die nicht durch gängige Entsalzung entfernt wurden) sowie von Aufreinigungslösungsmitteln entfernt. Diese Nebenprodukte im Spurenbereich sind in vitro in der Regel harmlos, aber können in vivo eine zytotoxische Wirkung aufweisen.
Zusätzliche In-vivo-Optionen sind mit iScale Oligos™, unserem Produkt für größere Mengen, verfügbar.
Abbildung 4.Trennung durch Gelfiltration. Die Aufreinigung durch Gelfiltration findet ohne das 5‘-DMT an der Sequenz statt.
1) Beim Eintreten in die Säule durchquert die Mischung aus der gewünschten Sequenz mit verschiedenen Nebenprodukten und Lösungsmittelverunreinigungen das Harz der stationären Phase.
2) Beim Fließen der mobilen Phase treten die kleineren Verunreinigungen in die Gelporen ein, wodurch ihr Fortschreiten durch die Matrix verlangsamt wird. Die gewünschte Sequenz tritt nicht in die Gelporen ein und wandert daher durch die Matrix und wird zuerst eluiert.
3) Die Verunreinigungen wandern schließlich durch die Gelporen und Matrix und werden abgewaschen.
Next-Gen-Sequencing-Oligos
Die vorgenannten traditionellen Aufreinigungsverfahren sind beim Entfernen von Verunreinigungen niedermolekularer Verbindungen wirksam und steigern den Anteil der Volllängensequenz auf ein wünschenswertes Maß. Eine weitere Verunreinigungsart, die Kreuzkontamination, trat aufgrund des fortlaufenden Wachstums beim Einsatz von besonders sensitiven Techniken wie Next Generation Sequencing (NGS) als Problem auf. Traditionelle Aufreinigungsverfahren sind beim Entfernen kreuzkontaminierender Oligonukleotide nicht wirksam.
Geringe Kreuzkontaminationsmengen sind in jeder Produktionsanlage für Oligonukleotide mit hohem Durchsatz Realität. In der Regel haben derart geringe Mengen keinen erkennbaren Einfluss auf traditionelle Techniken/Anwendungen wie PCR. Die meisten NGS-Plattformen beruhen jedoch auf Index-Adaptern (Barcode) für das Multiplexing. Falls (aufgrund von Kreuzkontamination) kleine Mengen des falschen Barcodes zum falschen Sequenzierungsziel hinzugefügt werden, ist das Problem bis zum Datenanalyseschritt nicht erkennbar, wodurch dies ein teures und zeitraubendes Unterfangen wird.
Next-Generation-Sequencing-Oligos (NGSO) wurden entwickelt, um dieses Problem zu umgehen. NGSO werden mit proprietären Aufreinigungsverfahren hergestellt und für jedes Oligonukleotid, das als NGS-Adapter eingesetzt werden soll, empfohlen.
Fazit
Oligonukleotide werden am besten durch verschiedene Verfahren oder Verfahrenskombinationen, abhängig von ihrem Verwendungszweck, aufgereinigt. Für den Start erhalten Sie in Tabelle 1 Informationen zu den je nach Technik/Anwendung empfohlenen Verfahren. Falls Sie zusätzliche Hilfe benötigen, wenden Sie sich bitte unter oligotechserv@sial.com an unseren technischen Dienst.
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