Optimierte Bestimmung flüchtiger organischer Verbindungen in Wasser durch SPME und GC/MS: ISO-Norm 17943
Frank Michel1, Yong Chen2, Robert Shirey2
1Sigma-Aldrich (part of Merck KGaA, Darmstadt, Germany), Taufkirchen, Germany, 2MilliporeSigma, Bellefonte PA, USA
Die Analyse von Wasser auf flüchtige organische Verbindungen ist aufgrund von deren Toxizität wichtig. Den gegenwärtigen Methoden für diese Bestimmung mangelt es an Empfindlichkeit, Selektivität oder Automatisierungsfähigkeit. In diesem Artikel wird die neue Norm ISO 17943 vorgestellt, wobei die Festphasenmikroextraktion (SPME) und GC/MS eingesetzt werden. Die Probenvorbereitung mittels SPME ermöglicht niedrige Nachweisgrenzen und eine einfache Automatisierung der gesamten Methode. GC/MS bietet die erforderliche Empfindlichkeit und Selektivität. Diese ISO-Norm wurde durch einen Ringversuch validiert, dessen Ergebnisse die hervorragende Leistung dieser Methode bestätigen.
Einleitung
Flüchtige organische Verbindungen (VOC) können aus natürlichen Quellen wie Pflanzenduft stammen. Ein großer Teil der VOC ist jedoch anthropogenen Ursprungs, da sie aus Produkten des täglichen Gebrauchs stammen oder bei der Herstellung dieser Produkte und darüber hinaus aus Polymeren, Klebstoffen, Farben, Erdölprodukten oder Pharmazeutika freigesetzt werden. Typische Anwendungen für flüchtige organische Verbindungen sind der Einsatz als Additive für Benzin und Hydraulikflüssigkeiten oder als Lösungsmittel und für die chemische Reinigung. Da viele flüchtige organische Verbindungen (VOC) giftig sind oder ihre karzinogene Wirkung beim Menschen bekannt ist bzw. diese vermutet wird, stellt die Verunreinigung von Wasserressourcen weltweit ein ernstes Problem für die menschliche Gesundheit dar.
Abbildung 1.SPME-Faserhalter mit in die wässrige Probe eingetauchter Faser
Aus diesem Grund wurden zahlreiche internationale Verordnungen zur Begrenzung und Kontrolle der Menge flüchtiger organischer Verbindungen im Trinkwasser, Grundwasser oder Oberflächenwasser erlassen. Beispiele für Verordnungen dieser Art sind der Safe Drinking Water Act (SDWA)1 in den USA und ein entsprechendes Gesetz in Kanada, in dem nationale Normen für Trinkwasser festlegt sind, einschließlich VOC-Listen, die auf gesundheitlichen Aspekten beruhen. Ein weiteres Beispiel ist die Richtlinie 98/83/EG des Europäischen Rates zur Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch, in welcher die Werte für einzelne flüchtige organische Stoffe geregelt sind.2 In der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) wird in Artikel 16 der Richtlinie 200/60/EG3 eine "Strategie gegen die Verschmutzung von Wasser" beschrieben.
Gemäß der Richtlinie 2008/105/EG (UQN-Richtlinie)4 sollen die Umweltqualitätsnormen (UQN) für einzelne VOC im Bereich von 0,4 bis 20 μg/l liegen. In Anhang V der Wasserrahmenrichtlinie (Normen für die Überwachung von Qualitätskomponenten) wird die Verwendung von ISO- und CEN-Normen für die Wasseranalyse gefordert, sofern diese verfügbar sind.
Die bestehenden ISO- und CEN-Normen für die Bestimmung von VOC in Wasser entsprechen nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik. In ISO 103015 wird die Flüssig-Flüssig-Extraktion (LLE, liquid/liquid extraction) in Kombination mit der Gaschromatographie (GC) und dem Nachweis mittels Flammenionisationsdetektor (FID) oder Elektroneneinfangdetektor (ECD) eingesetzt. In ISO 114236 die Headspace-Probennahme (HS) in Kombination mit GC/FID oder GC/ECD. Für bestimmte relevante VOC können die geforderten Nachweisgrenzen mit diesen ISO-Normen nicht erreicht werden, weil die Detektoren nicht empfindlich oder selektiv genug sind.
In Norm ISO 156807 wird eine Alternative aufgezeigt, indem in ihr die Anreicherung durch Purge-and-Trap und die Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS) eingesetzt wird, woraus eine bessere Selektivität und Nachweisgrenze resultiert. Der Nachteil von Purge-and-Trap ist die Anfälligkeit der Falle für Verunreinigungen und die Tatsache, dass eine Automatisierung nur schwer erreichbar ist.8
Optimierte Methode zur Bestimmung von VOC in Wasser mittels HS-SPME und GC/MS: ISO-Norm 17943
Festphasenmikroextraktion (SPME) stellt in Kombination mit GC-MS eine attraktive Alternative für die Bestimmung von VOC in Wasser dar. SPME wurde im Jahr 1990 von Janusz Pawliszyn entwickelt9 (Abbildung 1). Seitdem hat die SPME in Umwelt-, Arzneimittel- und Nahrungsmittelanalysen breitere Akzeptanz erlangt, was durch die weiter wachsende Zahl an Veröffentlichungen zu SPME-Entwicklungen und -Anwendungen deutlich wird. Die Verbreitung des Verfahrens wurde durch die Automatisierung der SPME mittels regulärer GC-Autosampler seit 1993 zusätzlich unterstützt. Die Verwendung von SPME für die Extraktion von VOC aus Wasser wird in mehreren Publikationen beschrieben.10-12 In diesen Publikationen wurde die Headspace SPME (HS-SPME) als zuverlässige und vorteilhafte Alternative zu klassischen Methoden für die Bestimmung von VOC in Wasser dargelegt. Darüber hinaus wurde die SPME bereits in vielen anderen offiziellen Verfahren erfolgreich eingesetzt.13-15
Aus diesem Grund wurde die neue ISO-Norm 17943 für VOC in Wasser entwickelt. Der Anwendungsbereich der Norm ist die Bestimmung von mehr als 60 VOC aus sehr unterschiedlichen Klassen wie Halogenkohlenwasserstoffen, Benzinzusätzen (wie BTEX, MTBE und ETBE), flüchtigen aromatischen Verbindungen und stark riechenden Substanzen wie Geosmin und 2-Methylisoborneol in Trinkwasser, Grundwasser, Oberflächenwasser und behandeltem Abwasser mittels HS-SPME und GC-MS. Natürlich hängt die Nachweisgrenze von der Matrix, der spezifischen Verbindung und dem verwendeten Massenspektrometer ab, aber für die meisten in ISO 17943 aufgeführten Verbindungen ist sie gleich oder besser als 0,01 μg/l. Durch zusätzliche Validierungsdaten, die aus Standardisierungsarbeiten stammen, wird die Anwendbarkeit der Methode in einem Konzentrationsbereich von 0,01 μg/l bis 100 μg/l für einzelne Substanzen deutlich.
Globaler Ringversuch zur Validierung der
neuen Norm ISO 17943
Im Rahmen der Entwicklung dieser neuen ISO-Norm wurde ein internationaler Ringversuch zur Validierung der neuen Methode durchgeführt.16 Jedes der Labore hatte die Aufgabe, die Konzentration von 61 Verbindungen in zwei Wasserproben (ein Oberflächenwasser, ein Abwasser) zu bestimmen. Die Oberflächenwasserprobe wurde in einem städtischen Gebiet mit starker Industrialisierung entnommen (der Ruhr in Mülheim in Deutschland). Die Probe des kommunalen Abwassers wurde aus einem Kläranlagenablauf entnommen. Beide Proben wurden zur Stabilisierung vorbehandelt und mit den teilnehmenden Laboren unbekannten Konzentrationen im Bereich von 0,02 - 0,80 μg/l (~ 50 % < 0,10 g/l) für Oberflächenwasser und 0,05 - 3,0 μg/l (~ 50 % < 0,50 g/l) für Abwasser dotiert. Die am Ringversuch teilnehmenden Labore mussten von jeder der beiden Proben vier unabhängige Wiederholungsanalysen durchführen, wobei sie sich streng an das im Entwurf der Standardmethode vorgeschriebene Verfahren halten mussten. Alle Labore erhielten einen Satz Kalibrierlösungen in drei Ampullen, die jeweils zertifizierte Referenzsubstanzen der 61 VOC gelöst in Methanol enthielten. Diese Stammlösungen enthielten die einzelnen Substanzen in Konzentrationen von jeweils 100 µg/ml und waren für die Herstellung der entsprechenden wässrigen Mehrkomponenten-Referenzlösungen bestimmt, die zur Kalibrierung des Gesamtverfahrens verwendet werden sollten. Die Ergebnisse mussten innerhalb von 30 Tagen nach Erhalt der Proben geliefert werden.
Das Supelco® Application Lab war einer der Teilnehmer des Ringversuchs. Die beiden Wasserproben wurden gemäß Entwurf der ISO-Norm 17943 (Tabelle 1 & 2, Abbildung 2) unter Verwendung von Toluol- d8, Benzol- d6 und Fluorbenzol als Inhouse-Standards analysiert. Für die GC-Analyse wurde eine VOCOL® GC-Kapillarsäule eingesetzt, bei der es sich um eine Säule mit mittlerer Polarität handelt, die für die Analyse von flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) entwickelt wurde und eine hervorragende Retention und Auflösung von leicht flüchtigen Verbindungen bietet. Für die HS-SPME wurde eine DVB/CAR/PDMS-Faser verwendet, die auch von der Mehrheit der Teilnehmer am Ringversuch genutzt wurde. In einem kleineren Teil der Labore wurde eine CAR/PDMS-Faser eingesetzt.
Nach ISO-Norm 17943 können sowohl die Carboxen/PDMS-Faser (85 μm) als auch die DVB/Carboxen/PDMS-Faser (50/30 μm) verwendet werden.
Abbildung 2.Chromatogramm von 61 VOC in Wasser nach HS-SPME bei Einsatz einer VOCOL® GC-Säule in der Agilent® GC/MS
Auswertung des Ringversuchs
Mehr als 40 Labore aus der ganzen Welt haben sich für diesen Ringversuch angemeldet. Davon meldeten insgesamt 27 Labore Ergebnisse, die in den Bewertungsprozess gemäß ISO 5725-2 einbezogen werden sollten.17 Neun Labore haben keine Ergebnisse vorgelegt. Sechs Labore mussten wegen erheblicher Abweichungen vom vorgeschriebenen Verfahren von der Bewertung ausgeschlossen werden. Einige Einzelergebnisse mussten aufgrund von Ausreißern ausgeschlossen werden.
Alle 61 Parameter wurden von zehn Laboren, nahezu alle Parameter wurden von neun Laboren analysiert. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass fast jeder der 61 VOC von mehr als 20 Laboren analysiert wurde, was eine gute Grundlage für die statistische Auswertung darstellt. Die Daten wurden im Hinblick auf den Gesamtmittelwert der Ergebnisse (ohne Ausreißer), die Wiederfindungsrate (vom zugewiesenen Wert), Vergleichspräzision (Abweichungen zwischen verschiedenen Laboren) und Wiederholpräzision (Abweichungen innerhalb eines Labors) analysiert.
Ein Beispiel für eine Bewertung dieser Art ist in Abbildung 3 für 2-Chlortoluol dargestellt. Für diese Verbindung konnten Ergebnisse aus 24 Laboren ausgewertet werden. Der Gesamtmittelwert (grüne Linie) liegt sehr nahe am zugewiesenen Wert (violettfarbene Linie). Die meisten der 24 Labore, auch die, die sich noch nicht lange mit der SPME befasst haben, erzielten Ergebnisse, die sehr nah am zugewiesenen Wert lagen. Die Wiederfindungsrate für mehr als 90 % der Verbindungen lag zwischen 84 und 116 % (Oberflächenwasser) und 81 und 118 % (Abwasser). Die Vergleichspräzision (Abweichung zwischen den Laboren) lag bei mehr als 90 % der Verbindungen unter 31 % (Oberflächenwasser) und unter 35 % (Abwasser), während die Wiederholpräzision (Abweichung innerhalb eines Labors) bei mehr als 90 % der Verbindungen unter 10 % (Oberflächenwasser) und unter 8 % (Abwasser) lag.
Abbildung 3.Grafische Darstellung des Beispiels von 2-Chlortoluol, in der die Ergebnisse des Ringversuchs zur Validierung von ISO 17943 aufgezeigt werden. Die violettfarbene horizontale Linie stellt den zugewiesenen Wert dar, die grüne horizontale Linie den Gesamtmittelwert.
Zusammenfassung
Die hervorragenden Ergebnisse im Ringversuch unterstreichen die hohe Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und Reproduzierbarkeit der HS-SPME in Kombination mit GC/MS zur Bestimmung von VOC in Wasser. Die neue ISO 17943 stellt eine Verbesserung der bestehenden offiziellen Methoden für diese Bestimmung in Bezug auf Empfindlichkeit und Selektivität dar. Darüber hinaus ist die Möglichkeit der vollständigen Automatisierung der SPME von Vorteil, da mit dieser Analysen rund um die Uhr durchgeführt werden können.
Weitere Informationen über unsere Komplettlösungen für Umweltprüfungen finden Sie auf: SigmaAldrich.com/environmental-testing
Literatur
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