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Blau-Weiß-Screening und Protokolle für die Kolonieauswahl

Identifizierung rekombinanter Bakterien

Das Blau-Weiß-Screening ist eine schnelle und effiziente Technik zur Identifizierung rekombinanter Bakterien. Sie beruht auf der Aktivität der β-Galactosidase, einem in E. coli vorkommenden Enzym, das Lactose in Glukose und Galactose spaltet.

Inaktivierung des LacZ-Gens

Das Vorhandensein von Lactose in der Umgebung löst das lacZ-Operon in E. coli aus. Die Aktivität des Operons führt zur Produktion des Enzyms β-Galactosidase, durch welche Lactose metabolisiert wird. Die meisten Plasmidvektoren tragen ein kurzes Segment des lacZ-Gens, das die codierende Information für die ersten 146 Aminosäuren der β-Galactosidase enthält. Bei den verwendeten  E. coli-Wirtsstämmen handelt es sich um kompetente Zellen mit lacZΔM15-Deletionsmutation. Wenn der Plasmidvektor von Zellen dieser Art aufgenommen wird, entsteht durch den Prozess der α-Komplementierung ein funktionelles β-Galactosidase-Enzym.

Die bei der Klonierung verwendeten Plasmidvektoren werden so manipuliert, dass dieser α-Komplementierungsprozess als Marker für die Rekombination dient. Innerhalb der lacZ-Sequenz im Plasmidvektor befindet sich eine multiple Klonierungsstelle (MCS). Diese Sequenz kann mit Restriktionsenzymen eingekerbt werden, um die Fremd-DNA einzufügen. Wenn ein Plasmidvektor, der Fremd-DNA enthält, vom Wirt E. coli aufgenommen wird, findet die α-Komplementierung nicht statt, sodass kein funktionsfähiges β-Galactosidase-Enzym gebildet wird. Wenn die Fremd-DNA nicht in den Vektor eingefügt oder diese an einer anderen Stelle als MCS eingefügt wird, ergänzt das lacZ-Gen im Plasmidvektor die lacZ-Deletionsmutation im Wirt E. coli und erzeugt ein funktionelles Enzym.

Wie funktioniert Blau-Weiß-Screening?

Zum Screening der Klone, die rekombinante DNA enthalten, wird der Agarplatte ein chromogenes Substrat mit dem Namen X-gal zugesetzt. Wenn β-Galactosidase produziert wird, wird X-Gal zu 5-Brom-4-chlorindoxyl hydrolysiert, das spontan dimerisiert und ein unlösliches blaues Pigment namens 5,5'-Dibrom-4,4'-dichlorindigo erzeugt. Die Kolonien, die von nicht rekombinanten Zellen gebildet werden, erscheinen deshalb blau, während die rekombinanten Zellen weiß erscheinen. Die gewünschten rekombinanten Kolonien können leicht entnommen und kultiviert werden.

Isopropyl-β-D-1-thiogalactopyranosid (IPTG) wird zusammen mit X-gal für das Blau-Weiß-Screening verwendet. IPTG ist ein nicht metabolisierbares Analogon von Galactose, durch welches die Expression des lacZ-Gens induziert wird. Es ist zu beachten, dass IPTG kein Substrat für β-Galactosidase ist, sondern lediglich ein Induktor. Für das visuelle Screening ist ein chromogenes Substrat wie X-gal erforderlich.

Schematische Darstellung eines typischen Plasmidvektors, der für das Blau-Weiß-Screening verwendet werden kann.

Abbildung 1.Schematische Darstellung eines typischen Plasmidvektors, der für das Blau-Weiß-Screening verwendet werden kann.

Schematische Darstellung eines typischen Blau-Weiß-Screening-Verfahrens.

Abbildung 2.Schematische Darstellung eines typischen Blau-Weiß-Screening-Verfahrens.

Produkte für das Blau-Weiß-Screening (Materialien)

Protokolle für das Blau-Weiß-Screening

Das vollständige Protokoll des Blau-Weiß-Screenings umfasst 3 wichtige Schritte:

  • Ligation: Ligation von Fremd-DNA in die MCS des Plasmidvektors
  • Transformation: Einbringen eines Plasmidvektors mit Fremd-DNA-Insert in kompetente E. coli
  • Screening: Blau-Weiß-Screening zur Identifizierung rekombinanter Bakterienkolonien

Ligation

Wir bieten die folgenden gebrauchsfertigen Expressionsvektoren an, die sowohl für stabile als auch für transiente Expressionssysteme verwendet werden können. Diese FLAG-Fusionskonstrukte verfügen über Replikationsursprünge, die eine Vermehrung sowohl in Bakterien- als auch in Säugerzellen ermöglichen.

Erforderliche Materialien

Reaktionsaufbau für die Ligation

  • Alle vorgenannten Komponenten in ein sauberes Reaktionsgefäß geben.
  • 30 Minuten bei 25 °C inkubieren (kann in einem Thermocycler durchgeführt werden).
  • Die DNA mit einer PCR-Aufreinigungssäule reinigen und diese in etwa 50 µl eluieren.
  • 0,1-10 ng des Ligationsprodukts in chemische oder elektrokompetente Zellen, die mit dem Vektor kompatibel sind, transformieren.

Transformation

Ein qualitativ hochwertiges Plasmid ist für das Transformationsverfahren unerlässlich. Mit den nachfolgenden Kits wird qualitativ hochwertiges Plasmid, das für die Transformation geeignet ist, isoliert und aufgereinigt.

Das detaillierte Protokoll für die Transformation mit chemischen oder elektrokompetenten Zellen finden Sie hier.

Screening

Wir bieten eine Reihe chromogener Substrate an, die das Screening rekombinanter Bakterien erleichtern. Einige Produkte können zum Auftragen auf LB-Agarplatten verwendet werden (Screening-Protokoll 1), während die anderen in das mikrobielle Medium eingearbeitet werden (Screening-Protokoll 2). Die Produkte werden bei Bedarf zusammen mit IPTG verwendet. Die Protokolle für beide Verfahren sind nachstehend aufgeführt.

Screening-Protokoll 1 (gilt für die Produktnummern B6650, 16658, B2904, B3928, 16669B8931)

  • 40 µl oder die entsprechende Menge der Stammlösung des chromogenen Substrats und 10 µl der IPTG-Lösung mit einem sterilen Spreizer auf LB-Agarplatten auftragen (die Zugabe von IPTG ist bei Verwendung der Produktnummer B3928 nicht erforderlich, da sie bereits IPTG enthält).
  • Die Platten sollten auch solche mit einem geeigneten Antibiotikum und solche ohne Antibiotikum als Kontrollen enthalten.
  • Die Platten in einer Laminar-Flow-Kammer bei leicht geöffneten Deckeln trocknen.
  • 10-100 µl der transformierten E. coli-Zellen mit einem sterilen Spreizer auf den LB-Agarplatten verteilen.
  • Die Platten bei einer Temperatur von 37 °C 24-48 Stunden inkubieren.
  • Auf der Agaroberfläche erscheinen blaue und weiße Kolonien. Die rekombinanten Zellen in den weißen Kolonien für die Kultur auswählen.

Screening-Protokoll 2 (gilt für die Produktnummern S7313, S9811, C4478)

  • LB-Agar durch Abwiegen von geeignetem Pulvermedium, Agar und Wasser in einem sterilen Gefäß vorbereiten. Alternativ die entsprechende Menge C4478 abwiegen und dem Wasser in einem sterilen Kolben hinzufügen.
  • Dem Medium vor dem Autoklavieren 300 mg/l der Produktnummern S7313 und S9811 sowie 500 mg/l Eisen(III)-ammoniumcitrat (Produktnummer F5879) hinzugeben. Diesen Schritt vermeiden, wenn C4478 verwendet wird.
  • Das Medium autoklavieren und gerade so weit abkühlen, dass der Kolben gehandhabt werden kann.
  • Eine geeignete Konzentration des ausgewählten Antibiotikums in das Medium geben.
  • Etwa 25-30 ml des LB-Agars in sterile Platten füllen und mit leicht geöffneten Deckeln absetzen lassen.
  • 10-100 µl der transformierten E. coli-Zellen mit einem sterilen Spreizer auf den LB-Agarplatten verteilen.
  • Die Platten bei einer Temperatur von 37 °C 24-48 Stunden inkubieren.
  • Auf der Agaroberfläche erscheinen blaue und weiße Kolonien. Die rekombinanten Zellen in den weißen Kolonien für die Kultur auswählen.
Blau-weiße Farbauswahl rekombinanter Bakterien mit X-gal.

Abbildung 3.Blau-weiße Farbauswahl rekombinanter Bakterien mit X-gal.

Einschränkungen des Blau-Weiß-Screenings

  • Die Blau-Weiß-Technik ist lediglich ein Screening-Verfahren, keine Auswahltechnik.
  • Das lacZ-Gen im Vektor kann manchmal nicht funktionsfähig sein und keine β-Galactosidase produzieren. Die entstehende Kolonie ist dann nicht rekombinant, erscheint jedoch weiß.
  • Auch wenn eine kleine Sequenz fremder DNA in MCS eingefügt werden kann und den Leserahmen des lacZ-Gens verändert. Dies führt zu falsch positiven weißen Kolonien.
  • Kleine Inserts innerhalb des Leserahmens von lacZ können zu mehrdeutigen hellblauen Kolonien führen, da die β-Galactosidase nur teilweise inaktiviert wird.

Literatur

1.
Sambrook J, Fritsch E, Maniatis T. 1989. Molecular Cloning: A Laboratory Manual. 1. New York: Cold Spring Harbor Laboratory Press.
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