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Mit KI schneller neue Wirkstoffe entdecken

Bevor die neue Plattform zur KI-gestützten Wirkstoffforschung auf den Markt kam, bedurfte es viel Gehirnschmalz und einer Serviette.

Ashwini Ghogare steht in ihrem Büro und deutet auf einen Monitor zu ihrer Rechten, auf dem eine Molekülstruktur aus der AIDDISON-Plattform angezeigt wird.

13. März 2024 | 4 Min.

„Du hättest die Serviette behalten sollen.“

Einen Ratschlag wie diesen würde man nicht unbedingt von seiner Vorgesetzten erwarten – Karen Madden, Chief Technology Officer des Unternehmensbereichs Life Science von Merck, kam aber genau zu diesem Schluss. Denn bei den Notizen auf jener Serviette handelte es sich um die ersten Entwürfe für eine neue KI-gestützte Plattform zur Entdeckung neuer Wirkstoffe.

Die Suche nach einem vielversprechenden Molekül für ein neues Medikament kann einem wie die sprichwörtliche Suche nach einer Nadel im Heuhaufen vorkommen. Die Möglichkeiten scheinen grenzenlos und die Suche nach geeigneten Kandidaten gestaltet sich äußerst mühsam. Was wäre, wenn man statt den Heuhaufen von Hand zu durchsuchen, einen leistungsstarken Magneten oder Metalldetektor verwenden könnte, um die „Nadel“ oder ein Molekül mit Wirkstoffpotenzial zu finden? AIDDISON ist Magnet und Metalldetektor in einem.

Die leistungsstarke Softwareplattform soll genau diesen mühsamen Schritt im Arzneimittelentwicklungsprozess verkürzen. Bevor ein neues Medikament auf den Markt kommt, klinische Studien durchläuft oder in die präklinische Entwicklung übergeht, ist es nichts weiter als eine simple Idee. Zunächst identifiziert ein Team ein spezifisches Ziel, das sogenannte „Target“, gegen welches das zukünftige Medikament gerichtet sein soll. Das kann beispielsweise ein fehlerhaftes Protein sein, das im Körper eines Patienten Probleme verursacht. Anschließend müssen Forscher ein Molekül – oder gleich eine ganze Handvoll Moleküle – finden, das bzw. die ein bestimmtes Target, wie zum Beispiel das fehlerhafte Protein, hemmen.

Die Entwicklung eines Arzneimittels bis zu dessen Markteinführung nimmt häufig mehr als 10 Jahre in Anspruch und verschlingt über zwei Milliarden US-Dollar. Mehr als 90 % der Wirkstoffkandidaten scheitern in der klinischen Prüfung. Der Verlust an Zeit und Geld und der geleistete Arbeitsaufwand für solche Fehlschläge können enorm sein.

Wenn Wissenschaftler in den frühen Phasen der Arzneimittelentwicklung – der sogenannten Phase der Wirkstoffentdeckung – diejenigen Moleküle präziser identifizieren können, die gute Erfolgsaussichten in späteren Phasen haben, könnte die Quote an Fehlschlägen vielleicht gesenkt werden. Das bedeutet, dass weniger Geld und Zeit für Wirkstoffkandidaten verschwendet wird, die in klinischen Studien zum Scheitern verurteilt sind.

„Der Schlüssel zum erfolgreichen Wirkstoffdesign liegt darin, einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen, den Erfolg jedes Designzyklus zu steigern und dafür zu sorgen, dass ‚jeder Schuss ein Treffer‘ wird, damit neue Therapien schneller die Patienten erreichen“, erklärt Ashwini Ghogare, die maßgeblich an der Entwicklung der Plattform beteiligt war und bedauert, die Serviette nicht aufgehoben zu haben.

„Der Schlüssel zum erfolgreichen Wirkstoffdesign liegt darin, einen ganzheitlichen Ansatz zu verfolgen, den Erfolg jedes Designzyklus zu steigern und dafür zu sorgen, dass ‚jeder Schuss ein Treffer‘ wird, damit neue Therapien schneller die Patienten erreichen.“
- Ashwini Ghogare

Mit gebündelten Kräften

Die Idee für AIDDISON wurde geboren, als Ghogare 2019 auf einer Konferenz von Merck in Burlington im US-Bundesstaat Massachusetts auf Daniel Kuhn traf. Nach Kuhns Vortrag über den Einsatz von Machine-Learning-Modellen zur Unterstützung der Wirkstoffforschung in seinem Team kam Ghogare im Anschluss an das Abendessen auf ihn zu und sagte: „Wir müssen uns unterhalten.“

Sie sprachen über die Herausforderungen in der Wirkstoffforschung und ihre Vorstellungen möglicher Lösungen. In ihren Gesprächen kristallisierte sich die Nutzung vorhandener Daten und künstlicher Intelligenz – einer bahnbrechenden Technologie – immer mehr als Schwerpunkt heraus. Und ja, sie haben ihre Ideen wirklich auf einer Serviette aufgeschrieben. Sie skizzierten einen ersten Entwurf der Benutzeroberfläche und machten sich Gedanken über verschiedene Prozesse.

Daniel Kuhn hält einen Vortrag und ist mit einem weißen Hemd bekleidet. Er gestikuliert mit seinen Händen. Hinter ihm ist ein Ausschnitt einer Präsentationsfolie zu sehen.

Daniel Kuhn hält einen Vortrag auf einer Konferenz von Merck. Ashwini Ghogare saß im Publikum.

In den darauffolgenden Wochen war Ghogare mit Begeisterung und Vorfreude bei der Sache. Sie konnte die Energie spüren und wusste, dass sie etwas Besonderes schaffen würden.

Was ihre Zusammenarbeit unter anderem zum Erfolg führte, waren ihre unterschiedlichen akademischen und beruflichen Hintergründe. Ghogare promovierte in organischer Chemie mit Schwerpunkt auf der Entwicklung neuer Therapielösungen für die Onkologie, woraus ein Start-up-Unternehmen entstand. Sie kam 2018 zu Merck, um dort die Produktinnovation für SYNTHIA voranzutreiben – eine Software, die es Chemikern ermöglicht, den am besten geeigneten Syntheseweg für ihre Wirkstoffkandidaten zu ermitteln. Ghogare brennt dafür, Wissenschaftler mit modernster Technologie auszustatten, um die Entwicklung besserer Therapien für Patienten zu beschleunigen.

Kuhn hingegen promovierte in computergestützter Chemie in einer Forschungsgruppe, die sich dem Wirkstoffdesign widmete. Seitdem liegt der Schwerpunkt seiner Arbeit im Unternehmensbereich Healthcare von Merck darauf, die Entdeckung neuer Wirkstoffe zu verbessern. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, mithilfe von prädiktiven und generativen Modellierungstechnologien neue Therapien und Medikamente für Patienten zu finden.

Ihr Erfahrungsschatz in der Wirkstoffforschung, gepaart mit ihrem Fachwissen in der Software- und Plattformentwicklung, erwies sich als perfekte Kombination. Abgesehen von ihren zwar unterschiedlichen, aber sich dennoch ergänzenden fachlichen Hintergründen trug ein weiterer Schlüsselaspekt dazu bei, dass die Zusammenarbeit vorankam. Sie hatten einfach Spaß daran, gemeinsam an einer Sache zu arbeiten.

Von Grund auf neu konzipiert

Lange bevor sich die beiden in Burlington trafen, entwickelte Kuhn Tools, um seinem Team im Healthcare-Geschäft von Merck dabei zu helfen, schneller bessere Wirkstoffkandidaten zu finden.

Damit Kuhn Modelle entwickeln konnte, brauchte er einen großen Datensatz. Darin mussten Informationen darüber enthalten sein, ob verschiedene Moleküle in frühen Experimenten den Erwartungen entsprachen oder nicht. Zum Glück hatten seine Kolleginnen und Kollegen im Healthcare-Geschäft von Merck über Jahrzehnte hinweg akribisch Daten erfasst. Diese umfangreichen experimentellen Daten erwiesen sich als entscheidend für die Weiterentwicklung der Modelle und letztlich als enormer Vorteil für AIDDISON.

Als Kuhn seine Innovation auf dem Summit in Burlington vorstellte, erkannte Ghogare sofort die Stärke des Modells und war sich sicher, dass es auch für Arzneimittelentwickler außerhalb des Unternehmens von Nutzen sein würde. Und so nahm der Prozess zur Vermarktung des ursprünglich internen Tools für Kunden weltweit seinen Anfang.

Kuhn und Ghogare waren von den raschen Fortschritten selbst etwas überrascht. Dank starker Partnerschaften und eingespielter Teams dauerte es von ihrem ersten Gespräch bis zur offiziellen Markteinführung der Plattform nur etwas mehr als zwei Jahre.

Für Kuhn ging es bei der Vermarktung des Tools vor allem darum, kleineren Teams, die selten Zugriff auf große interne Datenbestände haben, um eigene Modelle zu erstellen, einen besseren Zugang zur Wirkstoffforschung zu ermöglichen. Je mehr Köpfe an neuen Therapielösungen arbeiten, desto besser für die Patienten.

„Modelle liegen nicht immer richtig, aber Menschen auch nicht“, sagt Kuhn. „Gut durchdachte Modelle, wie jene in AIDDISON, sind die Triebfedern für eine beschleunigte Wirkstoffforschung, da sie Moleküle mit vorteilhaften Eigenschaften aufspüren und priorisieren und Wissenschaftlern so dabei helfen, bessere Entscheidungen zu treffen.“

AIDDISON hilft Teams jeder Größe dabei, die vielversprechendsten Molekülkandidaten schneller zu identifizieren und mindert so einen der Knackpunkte auf dem Weg zur Entdeckung neuer Wirkstoffe.


Über AIDDISON

Die KI-gestützte AIDDISON™-Plattform schöpft aus einem Datenbestand aus über 20 Jahren pharmazeutischer Forschung und kombiniert generatives Design, prädiktive Erkenntnisse und 3D-Modellierung in einer Komplettlösung für eine beschleunigte Wirkstoffforschung.

  • Generieren Sie Ideen mithilfe von schnellem In-silico-Screening riesiger chemischer Datenbanken und De-novo-Design.

  • Optimieren Sie die Ergebnisse mithilfe von praxisnahen ML-Modellen im Hinblick auf Synthetisierbarkeit und ADMET-Eigenschaften.

  • Bewerten und priorisieren Sie Hits mit ausgefeilten Tools für Datenvisualisierung und molekulare Bindung.

 

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